Waldemar Otto

"Alter Mann"

Ode an den alten Mann - Eine Begegnung

Figur aus einer Reihe "Alter Mann" Plastiken von Waldemar Otto. Einen großen Namen hat sich Waldemar Otto auch mit Plastiken im "Öffentlichen Raum" gemacht, "der Gehenkte" in Schleswig, "Mann aus der Enge herausragend"  in Oldenburg (Oldb)
"Alter Mann" von Waldemar Otto

Ich traf Waldemar Otto in seinem Atelier, zufällig. Und doch nicht so zufällig, hatte ich doch schon seit 2009 den festen Vorsatz eine Bronzeplastik von ihm zu erwerben.

So fuhr ich nach Worpswede in die Galerie Cohrs-Zirus.

Herr Cohrs, ein freundlicher und kompetenter Gallerist, verfrachtete mich flugs zu Herrn Otto, Sonntagsnachmittags durchs Atelier.

Eine Begegnung, die mich tief beeindruckt hat und bewegt...


Gerhard Marcks

"Der Teenager"

Das Bremer Fräulein - Eine fiktive Rückbetrachtung

Gerhard Marcks, bedeutender deutschen Bildhauer, geprägt durch die Zeit als Leiter der Bauhaus-Töpferei. Den Teenager schuf er 1968, nicht bekannt ist wann und warum ihn diese Figur inspirierte.

Mich erinnert sie an ein "Bremer Fräulein". Hier steht sie nun, bezeichnenderweise neben einer "Bauhaus" Lampe und schaut aus sicherer Distanz - auf den "Alten Mann"...

 

Das Bremer Fräulein

(Eine fiktive Rückbetrachtung)

 

 Wir sind uns begegnet, ich weiß nicht wo. Ich weiß dass ich irgendwann, stets wiederkehrend an dich denken musste. Es war in Deutschland. War es in Köln, in Leibzig oder Bremen. Es muss in Bremen gewesen sein. Dort gibt es sie, die Fräuleins aus gutem bürgerlichem Hause. Die Bremer Fräuleins.

 

Du hast dort gestanden, etwas abseits. Unauffällig, zurückhaltend. So wie man es dich gelehrt hat sich zu geben in der Familie, in der Öffentlichkeit. Aber du bist mir aufgefallen. Vielleicht gerade deshalb. Nein, gerade deshalb. Ich mag markante Menschen, Körper. Du hast einen markanten Körper, bist ein markanter Mensch.

 

Dein sorgfältig gekämmtes Haar, am Hinterkopf akkurat geknotet. Dein Kleidchen kragen-, ärmellos eng an deinem Körper liegend, drei geschwungene Falten unterhalb deines Schosses. Die Kleinheit deiner Brüste, die zierliche Taille betonend. An den Beinen entlang gleitend, so zart und glatt wie du selbst, die Knie anständig bedeckend.

 

Deine schlanken aber gar nicht so zerbrechlichen Beinchen ragen daraus hervor, aufgefangen von deinen feinen Schühchen. Aber fest auf dem Boden stehend. Die Hände züchtig vor dem Körper verschränkt, in gerader Haltung. Kopf und Schulter leicht und aufmerksam nach vorn gerichtet.

 

Ja, du beobachtest genau aus der Distanz. Dein gerader Blick der über deine spitze Nase hinweg schaut. Den Mund gespitzt schaust du zu mir, so wie ich zu dir schaue. Bin ich nicht zu alt für dich, ich mit meinen Jahren. Wie alt magst du sein. Soll ich zu dir hinüber gehen, dich fragen.

 

Was magst du denken in diesem Moment, in deiner vornehmen Zurückhaltung. Du kannst sie nicht durchbrechen. Das hat man dich gelehrt, seid deinen Kindheitstagen. Gerne würde ich dich näher betrachten, in meinem Atelier. Gerne würde ich dich zeichnen, modellieren, so wie du jetzt dort stehst, dann vor mir stehen würdest.

 

Und nun bist du hier, stehst du vor mir. So wie ich dich gesehen, geträumt, gezeichnet habe. So wie ich dich erschaffen habe - mein Teenager, mein Bremer Fräulein.

 

 

CW November 2017

(Text zur Bronzeplastik "Der Teenager", von Gerhard Marck)

 


Ode an den „Alten Mann"    

(Eine Begegnung)

 

 Alter Mann, da stehst du nun! Den Kopf gebeugt, den Rücken krumm, Hände in den Taschen. Mürrischer Blick.

 

 An was du denkst erzählst du nicht, man sieht es dir an. Wo sind sie geblieben die Jahre, die Vitalität, die Mobilität.

 

Deine Gedanken schweifen umher, zwischen Vergangenheit und Gegenwart, der Zukunft, den Zweifeln und der Verzweiflung, Hilflosigkeit. Auf Hilfe bist du nun angewiesen, warst dabei so selbständig, selbst bestimmend, bestimmend.

 

Und jetzt. Ratlosigkeit, Verzweiflung, Angst.

 

Die Sonne erkennt dich, die Sonne erhellt dich. Sie scheint auf dein Antlitz, läßt dich erstrahlen in altem Glanz. Deinem Glanz von heute.

 

Deine Augen blitzen. Dein Verstand ist da, wach. Etwas träge manchmal, aber rege. Genau registrierst du deine Umwelt, nach wie vor. Streitfähig bist du geblieben, politisch wie eh und je.

 

Deine Gedanken sind bei deiner Arbeit. Großes hast du geleistet, großes hast du noch vor.

 

Geblieben sind dir die Ideen, die Visionen, die Projekte.

 

Deine Arbeit ist noch nicht beendet, dein Leben ist nicht beendet. Solange du lebst arbeitest du. Solange du arbeitest, solange lebst du.

 

Für uns lebst du immer!

CW September 2017                  

(Text zur Bronzeplastik "Alter Mann" von Waldemear Otto, Worpswede)